Stiftungen

Grundsätzlich sind die Stiftungen rechtlich, organisatorisch und wirtschaftlich von der Familie Fugger getrennt. Die Familie Fugger wacht im Familienseniorat (Stiftungsorgan) über die Einhaltung des Stifterwillens und trifft alle wichtigen Entscheidungen für die Stiftungen.

 
   
  Fuggerkapelle bei St. Anna (1509)

Ebenso wichtig wie die Fuggerei war Jakob Fugger sicher die Stiftung des Chors bei St. Anna. Dort sollten seine Brüder und er die letzte Ruhe finden und ihre Jahrestage gefeiert werden.

Die prachtvolle Ausstattung im Stil der Renaissance, die den ganzen Westchor der Kirche umfasst, war zudem ein Objekt der Repräsentation. Sie sollte die Leistungsfähigkeit der Fuggerschen Firma vor aller Augen demonstrieren. Namhafte Künstler und Handwerker wurden zur Ausgestaltung verpflichtet.

 
   
  St.-Moritz-Prädikaturstiftung (1517)
Eng verbunden war den Fuggern die Chorherren-Stiftskirche St. Moritz, die ihren Anwesen am Judenberg und am Weinmarkt (heute Fuggerhäuser in der Maximilianstraße) benachbart war und noch heute ist. Jakob Fugger wollte hier – noch bevor die Reformation wirkte – für eine bessere Predigt sorgen. Gegen den Widerstand des Stifts und anderer geistlicher Stellen erkämpfte er in Rom das Recht, eine Predigerstelle zu schaffen: die sogenannte Prädikatur bei St. Moritz. Hierauf ist das noch heute bestehende Präsentationsrecht der Stiftungen begründet. Als Prediger wurden namhafte Theologen eingesetzt, die heftig Partei für die alte Kirche ergriffen. So Johannes Eck oder der Kanoniker Miller.  
   
  Fuggerei (1521)
Die Fuggerei ist heute die älteste erhaltene Sozialsiedlung der Welt. Am 23. August 1521 vom Augsburger Kaufherrn Jakob Fugger auch im Namen seiner damals bereits verstorbenen Brüder Ulrich und Georg gestiftet, bietet sie bis heute rund 140 in Not geratenen katholischen Augsburger Bürgern Wohnraum. Die Bewohner bezahlen heute eine Jahres(kalt)miete von 0,88 Euro. Sie sprechen außerdem täglich drei Gebete (das "Vater unser", das "Glaubensbekenntnis" und das "Ave Maria") für die Stifter und ihre Familie. Die Fuggerei, die Fuggerkapelle in der Annakirche und die St.-Moritz-Prädikaturstiftung wurden als eine Stiftungseinheit verstanden.  
   
  Veit-Hörl-Stiftung (1546)

Unterstützung der anderen Fuggerschen Stiftungen

Die Fuggersche Firma konnte nur durch den Einsatz ihrer Handelsdiener Weltgeltung erreichen. Namhafte Faktoren schlossen sich dem Beispiel der Regierer an und förderten die Fuggerschen Stiftungen durch Zustiftungen.

Begonnen hatte Veit Hörl, der in seinem Testament vom 2. Mai 1546 einen beträchtlichen Teil seines Vermögens zu Wohltätigkeitsstiftungen bestimmte, von denen ein großes Stipendium für die niederländische Universität Löwen (heute in Belgien) hervorzuheben ist. Die Verwaltung dieser Stiftungen übertrug Hörl den Fuggern und ihren Augsburger Stiftungseinrichtungen.

Aus Hörls Nachlaß wurden Mittel zum Holzhaus sowie zur Förderung von Studenten verwendet.

Veit Hörl stammte aus Bozen und war zunächst für die Fuggersche Firma in Spanien tätig, seit 1536 als „Generalverwalter“ der Faktorei Antwerpen. Er galt als sehr vermögend.

 
   
  Die Holz- und Blatternhaus-Stiftung (1548)
Um 1500 war die Syphilis – die sogenannte „Franzosenkrankheit“ – ein schwerwiegendes Problem. Deshalb wurden 1523/24 zwei Häuser der Fuggerei zu einem „Holzhaus“ umgebaut, wo Erkrankte durch die Behandlung mit Guajakholz geheilt werden sollten. Als „Blattern“ wurden damals Pusteln, Symptome der Syphilis, bezeichnet. Im Jahr 1548 errichtete Anton Fugger mit seinen Neffen die bis heute bestehende "Holz- und-Blatternhaus-Stiftung". Die Behandlung im "Holzhaus" wurde allerdings seit dem Dreißigjährigen Krieg eingestellt.  
   
  Schneidhaus-Stiftung (vor 1548)

Unterstützung von Kranken und Krankenhaus

Das von Anton Fugger gestiftete Schneidhaus (vor 1548) zählt zu den ältesten chirurgischen Einrichtungen in Europa. Zunächst konnten sich Augsburger Mitbürger bei Leisten- und Hodenbrüchen, Nieren- und Gallensteinen kostenlos von namhaften Ärzten behandeln lassen. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts wurde der Kreis der Patienten erweitert auf die Fuggerschen Besitzungen. Dann konnte jedermann sich behandeln lassen – vorausgesetzt, es hatte der Grundherr bei den Stiftungsadministratoren um Erlaubnis nachgesucht. Im Archiv sind zahlreiche Rechnungen erhalten, die Aufschluss über die Patienten geben: über Alter, Gebrechen, Herkunft, Erfolg und Kosten der Behandlung.

Das Schneidhaus wurde ebenso wie das Holzhaus von Anton Fugger in seinem Testament vom 26. Juni 1560 bedacht. Es lag in der Nähe der Fuggerei – auf dem Krautmarkt in der Jakobervorstadt.

 
   
  Spitalstiftung Waltenhausen (1548)

Förderung Betriebsangehöriger, Untertanen des Fuggerschen Hauses sowie bedürftiger Familienangehöriger

Am 31. Juli 1548 stiftete Anton Fugger das Spital in Waltenhausen. Es handelte sich um die einzige Spitalstiftung der Fugger. Ursprünglich für Augsburg gedacht, wurde sie in der Nähe des Lieblingssitzes Fuggers – bei Babenhausen – verwirklicht. Sie sollte rund 50 armen Pfründnern aus den Fuggerschen Besitzungen Heimat bieten. Je 25 Plätze waren für Männer, je 25 für Frauen bestimmt. Die Mittel stammten überwiegend aus dem Nachlass des 1537 verstorbenen Hieronymus Fugger.

Das Spital in Waltenhausen war auch insofern bemerkenswert, als erstmals verarmter Fuggerscher Familienmitglieder gedacht wurde: Hier sollten sie Zuflucht finden und ihre Kinder aus überschüssigen Mitteln unterstützt werden.

Das Spital wurde in den Zwanzigerjahren des 19. Jahrhunderts geschlossen, die Gebäude größtenteils abgetragen.

Mit der Stiftung dieses Spitals wurde zu einem frühen Zeitpunkt eine Einrichtung außerhalb der Reichsstadt Augsburg verwirklicht, die nicht für Augsburger Mitbürger der Fugger gedacht war, sondern für Bedürftige aus dem Bereich ihres stetig anwachsenden Grund- und Herrschaftsbesitzes.

 
   
  Dr.-Simon-Scheibenhardt-Stiftung (21. April 1567)

Unterstützung von Bedürftigen und kranken Augsburgern

Dr. Simon Scheibenhardt hatte sich im Mai 1555 erstmals verpflichtet, für sechs Jahre die Prädikaturstelle bei St. Moritz zu übernehmen. In seinem Testament (vom 21. April 1567) bestimmte der Chorherr und Prediger, dass die Erträge (insgesamt 100 Gulden) aus dem Kapital von 2000 Gulden u. a. an Kranke im Fuggerschen Holzhaus und Schneidhaus fallen sollten. Außerdem wurden Arme und Kranke der Reichsstadt Augsburg bedacht.

 
   
  Dr.-Johannes-Mylius-Stiftung (1595)

Förderung von Forschung und Wissenschaft

In seinem Testament bestimmte der Jurist Dr. Johannes Mylius am 9. Januar 1595 aus Madrid, dass aus seinem Nachlaß 67.000 Gulden zur Versorgung von Studenten zu verwenden seien. Dieses Legat verwirklichte 1610 die Familie Fugger gegen den Widerstand seiner Verwandten. Im niederländischen Löwen (heute Belgien) wurde ein Kolleg (Burse) errichtet.

Hier konnten u. a. auf Kosten einer anderen Fuggerstiftung (Lateinschule Babenhausen) pro Jahr ein oder zwei junge Leute aus Schwaben studieren.

Das Kolleg wurde von Napoleon aufgelöst. Auf dem Wiener Kongreß 1815 unternahmen die Fugger den letzten Versuch, eine Wiederherstellung dieser Stiftung zu erreichen.

 
   
   ← zurück